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Zur Metaphorik des Bodens gehört eine anthropologische Komponente. Der Zweibeiner Mensch steht in so ihm eigentümlicher Weise auf dem Boden, daß dieses Stehen gerade kein Stand als Bestand oder Zustand ist, vielmehr eine Handlung. Es ist nicht die Sprache, die dies vorgaukelt; sie folgt dem Befund, daß einer dies tun muß, um es nicht zu lassen. Der Stein liegt auf dem Boden; er genügt damit, solange andere Kräfte nicht auf ihn wirken, dem Trägheitsprinzip und der auf ihn stetig einwirkenden Schwerkraft. Die Vase steht auf dem Tisch, solange dieser es aushält und niemand sie fortnimmt. Vom Tisch läßt sich sagen, er habe Eigenschaften, die es ihm ermöglichen, die auf ihm stehende Vase zu tragen. Die Vase lastet auf ihm, aber dies ist nicht eines ihrer realen Prädikate. Zu stehen ist keine Handlung von physischen Körpern.
Hans Blumenberg, Die Sorge geht über den Fluß
Haus mit Zaun
Haus mit Zaun